DER III. WEG in Niederbayern und Passau - Teil 1

Veröffentlicht am Do., 11/23/2017 - 19:17

Teil 2: Der "Stützpunkt Ostbayern" der Neonazipartei

Teil 3: Aktionen der Partei in Passau und Niederbayern

Am 19. November fand erneut der alljährliche Volkstrauertag statt, ein staatlicher Gedenktag an dem den „Kriegstoten und Opfer der Gewaltbereitschaft und Gewaltherrschaft aller Nationen“ gedacht wird. Das Trauern um gefallene Wehrmachtsoldat*innen und SS-Männer im selben Atemzug mit dem Gedenken an die, von Nationalsozialist*innen ermordeten Juden*Jüdinnen ist ein augenscheinliches Beispiel für den Geschichtsrevisionismus, auch in der bürgerlichen Mehrheitsgesellschaft und als solches bereits Anlass genug für antifaschistische Intervention.

Heldengedenken am 19.11. in Deggendorf
Heldengedenken am 19.11. in Deggendorf (Bild 1)

Hinzu kommt jedoch, dass dieser Tag auch regelmäßig von der extremen Rechten instrumentalisiert wird. Am 18. November fand in Wunsiedel erneut das alljährliche „Heldengedenken“ des III. Wegs statt, bei dem die Neonazis ganz offen den deutschen Gefallenen des zweiten Weltkriegs gedenken. Am 19. November marschierten dann Aktivist*innen des Stützpunkt Ostbayern, darunter auch der vorbestrafte Gewaltverbrecher und Stützpunktleiter Walter Strohmeier, mit Fackeln und Gedenkkranz am Gefallenenhain in Deggendorf auf.

Dies wollen wir zum Anlass nehmen, um in einem detaillierten, mehrteiligen Artikel die Ideologie, Struktur und Aktionsweise des III. Weg in Niederbayern näher zu betrachten. Der folgende Artikel widmet sich primär dem Stützpunkt Ostbayern, zeigt aber auch die überregionalen und internationalen Kontakte des III. Wegs auf. Dieser Teil widmet sich vor allem der der Ideologie, sowie den Inhalten und Aktionsfeldern der neonanzistischen Partei.

 

1. Parteigründung und Ideologische Verortung

Ideologisch vertritt die Partei einen strikten neonazistischen Rechtsextremismus. Gemäß [ihres] Zehn-Punkte-Programms zielt sie offenbar auf die Schaffung einer Volkswirtschaft und einer vom Rassegedanken geprägten ethnisch homogenen Volksgemeinschaft ab. Führungsaktivisten der Partei sind seit Jahren fest im rechtsextremistischen Spektrum verankert. Das Parteiprogramm lehnt sich begrifflich zum Teil an Vertreter des „linken“nationalsozialistischen Parteiflügels der NSDAP an und propagiert ein völkisch-antipluralistisches Menschen- und Gesellschaftsbild. „Der III. Weg“ agitiert antisemitisch, ausländerfeindlich und revisionistisch.“ - Landtag NRW (2015)1

 

Die Gründung der Partei „Der III. Weg“ fand im September 2013 in Heidelberg durch Mitglieder verschiedener rechtsextremer Organisationen wie dem Freien Netz Süd oder des Aktionsbüros Rhein-Neckar statt. Ziel war es einem möglichen Verbot von eben diesen Gruppen zuvorzukommen und bereits alternative Strukturen zu schaffen. Im Fall des Freien Netz Süd kam die Gründung genau rechtzeitig. Bereits ein Jahr später wurde dieses tatsächlich verboten.2 Die Folgeorganisation der III. Weg verfügt im Moment bundesweit über etwa 300 Mitglieder, Vorsitzender der Partei ist der ehemalige NPD Funktionär Klaus Armstroff.3Der III. Weg ist derzeit in 22 Stützpunkte in drei von vier geplanten Gebietsverbänden organisiert. Diese befinden sich in Bayern, Berlin, Brandenburg, Rheinland-Pfalz und Sachsen.4 In Bayern, wo die Partei am stärksten vertreten ist, hat der III. Weg sechs Stützpunkte, die weitgehend den bisherigen geografischen Schwerpunkten des verbotenen Freien Netz Süd (FNS) entsprechen.5

10 Punkte-Programm des III. Weg
10 Punkte-Programm des III. Weg (Bild 2)

Ebenso wie das „Freie Netz Süd“ verortet sich auch der III. Weg im „Nationalen Sozialismus“. Dieser wird als „Dritte Option“ zum Kommunismus und Kapitalismus gewertet. Der Parteiname leitet sich von dieser Vorstellung ab. Das parteiliche Programm weist deutliche Parallelen zum 25-Punkte-Programm der NSDAP auf. Das Bekenntnis zum „Nationalen Sozialismus“ oder Forderungen wie „Soziale Gerechtigkeit für alle Deutschen“, jedoch auch nur für Deutsche, finden sich in ähnlicher Form auch im Programm der NSDAP. Was der „III Weg“ in 10 Punkten formuliert, steht in direkter Tradition zum historischen Nationalsozialismus, nicht zuletzt auch die Forderung der Annektion ehemaliger Deutscher Gebiete („10. Deutschland ist größer als die BRD“), die Definition des „Deutsch seins“ und die Vorstellung von der „Pflicht zur Arbeit“.

Weiterhin begreift sich die Partei im Selbstverständnis als national, revolutionär und sozialistisch, wobei weder das Wort „revolutionär“ noch der Begriff „sozialistisch“ in irgendeiner Form mit den Forderungen des III. Wegs vereinbar sind. Als nationales Ziel sieht die Partei die „Bestrebungen unserem Volk als naturgesetzliche Gemeinschaft das Überleben zu sichern“. Hier wird nicht, wie im Jargon der „Neuen Rechten“, von ein „kulturellen Ethnopluralismus“ ausgegangen sondern biologistische Rassenideologie vertreten. Die Konsequenzen einer solchen Rassenideologie sind weitreichend. Durch diese wurden während des Nationalsozialismus zahlreiche Verbrechen gegen als „nicht-Deutsch“ definierte Menschen, vom Verbot von Eheschließungen bis hin zur Shoa, legitimiert.

III. Weg Mobi für den 1. Mai 2017 in Gera
III. Weg Mobi für den 1. Mai 2017 in Gera (Bild 3)

Revolutionär sieht sich der III. Weg, weil er „das deutsche Volk als Lebensmittelpunkt sieht und [...] internationale und kapitalistische Ideologien überwinden“ will. Was hier als revolutionär bezeichnet wird hat mit einem radikalen Wandel der bestehenden gesellschaftlichen Verhältnisse jedoch wenig zu tun. Was hier gefordert wird, treibt vielmehr das bereits bestehende Nationalstaatsprinzip auf die Spitze. Was unter der Überwindung der „kapitalistischen Ideologie“ verstanden wird, zeigt sich anhand anderer Forderungen im 10-Punkte-Plan. Wirkliche bzw. fundierte Kapitalismuskritik findet sich dort nicht. Im Wesentlichen lässt sich alles unter die Forderung subsumieren, dass ausländische Interessen zurückgedrängt und „Schlüsselindustrien“ unter deutsche Kontrolle gebracht werden müssen. Auch die Trennung von produktiver Arbeit und raffendem Kapital, die als grundlegende Argumentation für den Antisemitismus im Nationalsozialismus essenziell war, findet sich in Forderungen wie „der Pflicht zur Arbeit“ wieder.

Unter Sozialismus versteht der III. Weg vor allem die Formel „Vom ICH zum WIR“. Jede*r hat seinen*ihren Teil zum Erhalt des Volkskörpers beizutragen. Das Aufgehen des Individuums im Kollektiv und die totale Negation der eigenen Individualität sind Grundvoraussetzungen für einen autoritären Charakter und konstitutiv für die nationalsozialistische Ideologie. Zwar betont der III. Weg, dass es ihm nicht um die Verneinung der eigenen Persönlichkeit geht, begründet wird dies jedoch dadurch, dass so jede*r auf seine*ihre Weise effektiver zum Wohl des Volkes beitragen kann/soll. Die ohnehin also nicht wirklich freie Persönlichkeitsentwicklung, die der III. Weg fordert, wird von deren Kampagnen und Positionen noch weiter ad absurdum geführt.6

Dabei strebt der III. Weg nicht an, als wählbare Partei am demokratischen Prozess mitzuwirken. Sowohl die Struktur als auch die Betätigungsfelder sind völlig andere, als die klassischer Parteien. Weder wirbt der III. Weg um Wahlstimmen, noch ist es möglich ohne Weiteres Parteimitglied zu werden (Mitglied kann nur werden wer sich durch „Charakterstärke“ und ein hohes Maß an Engagement bewiesen hat).7Stattdessen genießen die Neonazis den institutionellen Schutz, den ihnen die Organisationsform als Partei bietet. Der III. Weg betont dabei ganz offen seine Ablehnung gegenüber dem politischen System und der parlamentarischen Demokratie: "Mit diesem Irrglauben beseelt hält man viele gutgläubige Nationalisten seit Jahren am Narrenband" erklären die Rechtsextremen ihre Abkehr von realen demokratiepolitischen Bemühungen zur Umsetzung ihrer Ziele.8 Stattdessen präferieren die Parteinazis ein ganzheitliches Betätigungsprogramm für ihresgleichen, welches die „Politik auf der Straße“, ideologisch geleitete kulturelle Betätigung und nationalsozialistisch eingefärbte Sport- und Freizeitangebote beinhaltet. All diese Aktivitäten neonazistischer Kameradschaften finden unter dem Parteilogo des III. Wegs statt. In der Praxis schließt dies rassistische Demonstrationen und Kundgebungen, Partei- und Schulungsvorträge, Kampagnen- und Wandertage, inszenierte „soziale Spendenaktionen“, und typische Bürgerwehraktivitäten in Form von „Nationalen Stadtstreifen“, Kampfsporttreffen sowie das „Heldengedenken“ mit ein. All diese Tätigkeiten stehen dabei immer vor dem Hintergrund des nationalsozialistischen Programms und des rechtsextremen Selbstverständnisses. Zudem handelt es sich hierbei lediglich um eine Auswahl der von der Partei öffentlich vertretenen Engagements – sie umfassen sicher nicht das gesamte Spektrum der neonazistischen Aktivitäten der Parteiaktivist*innen und ihrer Strukturen.

 

Aus der Artikelreihe des Dritten Wegs - „Mangel an Härte“ (2017) – Drohungen gegen Zuwanderer
Aus der Artikelreihe des Dritten Wegs - „Mangel an Härte“ (2017) – Drohungen gegen Zuwanderer
Aus der Artikelreihe des Dritten Wegs - „Mangel an Härte“ (2017) – Männlichkeitsbilder und Heldentum
Aus der Artikelreihe des Dritten Wegs - „Mangel an Härte“ (2017) – Männlichkeitsbilder und Heldentum
Nationalismus
Auszüge aus der weltanschauliche Grundlagenbroschüre des Dritten Wegs „National, revolutionär, sozialistisch. Drei Grundlagen - ein Kampf“
 

 

 

 

 

 

 

 

 

2. Aktionsfelder, Auftreten und Themen des des III. Weg

 

Die Partei zeigt sich momentan vor allem bei Auftritten in Bürgerversammlungen, Demonstrationen, auf Informationsveranstaltungen zu geplanten Asylbewerberheimen und NS-Gedenkmärschen. Ihre Botschaften tragen Namen wie "Ausländerstopp! Für die Zukunft deutscher Familien." Zahlreiche fremdenfeindliche Propagandamittel und Anzeigen stehen auf ihrer Webseite bereit. Darunter ein Leitfaden, der erklärt, wie ein geplantes Asylbewerberheim in unmittelbarer Nachbarschaft verhindern werden kann sowie ein antisemitischer Boykott-Aufruf für israelische Waren. Eine im Internet verfügbare Deutschland-Karte, in der Parteianhänger die genauen Standorte von Asylbewerberheimen und Erstaufnahmelagern verzeichnet hatte, wurde nach heftigen Protesten von Google gelöscht. Die Karte entstand im Zuge der Kampagne „Kein Asylantenheim in meiner Nachbarschaft“9


 

Die Stützpunkte des III. Wegs, insbesondere der Stützpunkt Ostbayern, zeichnen sich sowohl durch Aktivitäten, die an die Öffentlichkeit gerichtet sind als auch durch interne Treffen aus. Dabei ist zu beachten, dass öffentlichen Auftritte bei Kundgebungen oder Spendenaktionen sowie publizierten Aktivitäten immer nur Teil einer bewussten und strategisch durchdachten Inszenierung sind, sie bilden keine vollständige Zusammenfassung der Aktivitäten ab. Auch interne Vernetzung, Partys aber auch Schulungen sind essentieller Teil der, sich als Avant-Garde verstehenden Partei. Ebenso sind Online-Aktivitäten und die Inszenierung auf Social Media essenzieller Bestandteil der politischen Agitation.

Abgeklebte Tatoos bei Mobiveranstaltung in Deggendorf
Abgeklebte Tatoos bei Mobiveranstaltung in Deggendorf 2016 (Bild 4)

Seit Walter Strohmeier, der „Stützpunktleiter Ostbayern“ im Frühjahr 2017 erneut zu einer Bewährungsstrafe verurteilt wurde und circa parallel eine Familie gründete, konzentriert sich der niederbayerische III. Weg verstärkt darauf „familienfreundlich“ aufzutreten. Auch die Kampagne der Partei zum Thema „Alkoholverzicht“, die sich zeitlich mit Strohmeiers Verfahren wegen der Begehung einer Körperverletzung im Vollrausch überschneidet, passt sowohl zum disziplinierten und avangardistischen als auch zum familienfreundlichen Auftreten der Partei.

Ganz anders wirkten da noch die Bilder der Parteiaktivisten vor ca. einem Jahr, als bei ihrer Mobilisierungskundgebung zum 1 Mai in Deggendorf noch rund die Hälfte der Aktivisten mit Gesichtstattoos und abgeklebten, weil strafrechtlich relevanten, Tattoos und Symbolen zu beobachten waren. Seit dem Jahr 2017 erscheinen auf der Parteiwebsite vermehrt Artikel auf der ThemenebeneGemüse länger haltbar machenund andere Survivaltipps zur Vorbereitung auf einen möglichen Bürgerkrieg, Traditionsfeste und Wanderausflüge mit den Kindern und gemeinsame Schlittenfahrten sowie Kampagnentage gegen die „Ehe für Alle“. Doch die „fröhlichen Familienaktivitäten“ sollten nicht darüber hinwegtäuschen, dass der Schwerpunkt der politischen Agitation der Partei immer noch auf der Instrumentalisierung des Themas Asyl liegt. Mit aggressiver Rhetorik wird blanker Hass gegenüber nicht-Deutschen, politischen Gegner*innen, Journalist*innen und Medien geschürt, sowie gegen das politische System im Ganzen gewettert und ein systemischer Umsturz ersehnt.

Geschichtsrevisionismus, beispielsweise im Zuge von Artikeln zu historischen Persönlichkeiten und Besuche von Denkmälern und Grabstätten von Nazigrößen oder für gefallene Wehrmachtsoldat*innen nehmen bei der Partei ideologisch und praktisch einen großen Part ein. Regelmäßig werden Ausflüge und Kampagnentage unter dem Motto „Deutschland ist größer als die BRD“, oder der „Heimatvertriebenenaktionstag“ gegen den „Bombenholocaust der Alliierten“ sowie das „Heldengedenken“ initiiert. Im Zuge dieser Aktionen sammeln sich die unterschiedlichen Stützpunkte an Gedenkstätten, legen Kränze nieder und fertigen Fotos für die Website an. Werden Maßnahmen gegen diese Gedenkaktivitäten getroffen, entlädt sich der gesamte Zorn der Neonazis auf die vermeintlichen Initiator*innen dieser Gegenmaßnahmen, wie beispielsweise in Fulda.10

Zitat aus der Artikelreihe "Mangel an Härte“ (2017)
Zitat aus der Artikelreihe des III. Wegs "Mangel an Härte“ (2017) (Bild5)

Auch auf der Website wird mit der Glorifizierung des Nationalsozialismus sowie klassisch rechtsextremen Bildern von Männlichkeit, Geschlechterrollen und Familie eine menschenverachtende Ideologie propagiert. Dem vermeintlichen „Mangel an Härte“, und der „Verweichlichung“ des Deutschen Mannes sowie der allgemeinen „Verweichlichung in Geist und Denken“ wurde im Sommer 2017 sogar eine ganze Artikelreihe gewidmet. In dieser wird der*die Leser*in ebenfalls auf den kommenden Bürgerkrieg in Deutschland innerlich vorbereitet. „Liberalismus“ wird als geistige Krankheit bezeichnet, Pazifismus als Ausdruck des verweichlichten und feigen Zeitgeistes gewertet und als „Antithese zur kriecherischen BRD“ wird alles „Schwache und Halbe“ als verachtenswert deklariert. „Nackte Gewalt, Selbstjustiz“ und Morde werden außerdem als Mittel der Konfliktlösung angeführt.

Das Gefahrenpotential der Partei uns ihrer Aktivist*innen ist längt nicht mehr nur in antifaschistischen Kreisen Anlass zur Sorge. Seit Herbst 2014 existiert beim Bundesamt für Verfassungsschutz eine eigene Bund-Länder-Arbeitsgruppe, die sich mindestens sechs Mal im Jahr trifft um sich mit dem Dritten Weg zu befassen. Auch die Arbeitsgruppen (AG) des „Gemeinsamen Extremismus- und Terrorismusabwehrzentrums“ für den Phänomenbereich „Rechtsextremismus/-terrorismus“ (GETZ-R) traf sich im Zeitraum von 2014 bis 2017 in insgesamt 55 Sitzungen, anlassbezogen um sich unter anderem im Zusammenhang mit asylkritischen Demonstrationen mit den Aktivitäten der Partei zu befassen.11

 

Aus der Artikelreihe des Dritten Wegs - „Mangel an Härte“ (2017) über Bürgerkrieg durch Zuwanderung
Aus der Artikelreihe des Dritten Wegs - „Mangel an Härte“ (2017) über Bürgerkrieg durch Zuwanderung

 

Bilder:
Bild 1: Screenshot von Walter Strohmeiers Facebookaccount

Bild 2: Selbst erstellt, Text von der Webiste des III. Wegs
Bild 3: Screenshot von der Facebookseite des III. Wegs
Bild 4: Fotographie
Bild 5: Selbst erstellt, Text von der Website des III. Weg